UNSERE PREDIGTEN
 


Unsere Gedanken zur Frohen Botschaft


SONNTAG, 7. Juli 2023

 

Liebe Pfarrgemeinde

Es sind 3 Abschnitte in diesem Sonntagsevangelium zusammengefasst.

- Zum einen ist der Dank Jesu an den Vater, wenn es heißt: "Ich preise dich, Vater, Herr des Himmels und der Erde". Oder: "Alles ist in mir von meinem Vater übergeben worden." 

Hier ist Gott der Ansprechpartner.

- Im 2. Abschnitt kommt dann die Einladung Jesu, zur Ruhe in ihm, zu kommen, wenn es heißt: "Kommt alle zu mir die ihr mühselig und beladen seid! Ich will euch erquicken."

Da sind alle Glaubenden die Ansprechpartner.

Mit mühselig ist nicht gemeint, dass die Menschen mühselig sind, sondern dass ihre Lebenssituation für sie mühselig ist.

- Und schließlich seine Aufforderung: "Nehmt mein Joch auf euch und lernt von mir.

Hier spricht Jesus die Jüngerinnen und Jünger an.

 

Passend zu Beginn der Ferien und Urlaubszeit möchte ich den 2. Abschnitt genauer betrachten.

Die Einladung zur Ruhe zu kommen.

Ist es nicht unendlich wohltuend?

Da ist einer, der uns keinen Druck und keinen Stress macht. Einer, der uns nicht antreibt, damit wir noch mehr leisten und noch besser werden.

Ich meine, dürfen tun wir schon, aber müssen tun wir nicht.

Denn hier ist einer, der uns ausruhen lässt

- damit wir wieder zu uns kommen - und wir entdecken können, wie gut er es mit uns meint.

Ein Gott, der uns nicht noch etwas Neues auflädt, sondern der uns ent-lastet.

Das ist die frohe Botschaft, die von Gott kommt. Daran ist nicht zu rütteln.

Sie versichert uns: Unser Christentum, so wie es der Herr meint, soll keine Erfüllungsreligion sein, die uns ständig überfordert - weil wir nie so perfekt sind, wie wir sein sollten.

Und Kirche darf dann auch keine Moralanstalt sein, die uns überfordert und am Ende krank macht, weil wir wieder und noch immer nicht gut genug sind, wie manche Menschen, die in der Kirche das Sagen haben, sich uns wünschen.

Nein, im Gegenteil: Unser Glaube will uns heil machen, gesund machen und er will uns aufrichten.

Weil Gott das so will.

Bischof Hermann-Josef Spital, ein deutscher Theologe, der von 1981-2001 Bischof von Trier war, hat das so formuliert: "Unser Christentum," sagt er, "ist eine zutiefst therapeutische Religion."

Genau so ist es. Unser Glaube will uns heilen, heil und heilig machen. Und dabei muss unsere Kirche helfen.

Denn eine Kirche, die krank macht und unterdrückt, ein Glaube, der Angst macht und unterdrückt, eine Predigt und eine Verkündigung, die Menschen klein macht und ihm sagt, dass er nichts wert ist

- die mag von überall her kommen-

aber sicher nicht von Gott.

Denn Gott will eben nicht krank machen, sondern er will heilen!

Er will niemanden kleinkriegen, sondern uns alle aufrichten und groß machen.

Und der Arzt, derjenige, der heil und gesund macht, der aufrichtet und groß macht, das ist Jesus Christus selbst. Denn er ist doch der Heiland. Dazu hat Gott ihn in die Welt gesandt.

Er hat sich sein Heil nicht erst für das Jenseits ausgedacht, dann, wenn wir tot sind. Sondern für jetzt. Er will es schon in dieser Welt schenken und erfahrbar machen.

Er hat heilsame Gespräche geführt.

Er hat Begegnungen ermöglicht, aus denen Menschen erlöst und befreit herausgegangen sind.

Er hat Gesten und Berührungen geschenkt und zugelassen, die einen Menschen aufrichten und stark gemacht haben.

Denn all das, all diese Zuwendung und dieses Dasein für andere, das wirkt Wunder.

Genau das, dieses heilsame Dasein für Menschen, das hat Jesus den Menschen seiner Zeit geschenkt und das schenkt er uns durch unsere Mitmenschen.

Wenn wir Kirche Jesu Christi sein wollen, dann müssen wir es wohl genauso machen, wie er es getan hat.

Dann dürfen wir nicht auf dem hohen Ross sitzen und herrschen wollen, sondern wie der Menschensohn, auf dem Esel daherkommen - und bereit sein zu dienen.

Dienen, indem wir uns den Menschen zuwenden und heilsam und befreiend mit ihnen umgehen.

Wie das gehen könnte hat Wilhelm Willms, ein deutscher Priester, der von 1930 - 2002 lebte und Lyrik und geistliche Lieder verfasste, so umschrieben: 

"Wussten Sie  schon, dass die Nähe eines Menschen gesund und lebendig machen kann?

Wussten Sie schon, dass das Wegbleiben eines Menschen sterben lassen kann und das Kommen eines Menschen wieder leben lässt?

Wussten Sie schon, dass das Zeit haben für einen Menschen mehr ist als Geld, mehr als Medikamente. Und wussten Sie schon, dass das Anhören eines Menschen Wunder wirkt?"

 

Ja, all das wirkt immer noch Wunder

- auch in unseren Tagen -

- und auch durch uns -

Wir dürfen sicher sein, wenn wir so miteinander umgehen, wenn wir so füreinander da sind, dann ist der Herr mitten unter uns.

Der Herr, der die Last von unseren Schultern nimmt und uns ausruhen lässt, damit wir bei ihm das Leben finden.

 

 

SONNTAG, 12. MÄRZ 2023

 

Liebe Pfarrgemeinde! 

Stellen sie sich vor, im St.Pöltner Hochbecken für unser Trinkwasser gibt es einen Wasserschaden und wir haben ....angenommen 3 Tage kein Trinkwasser.....wie ginge es uns da?....wahrscheinlich wären wir alle mit der Zeit ziemlich verärgert, wir würden eine Schuldigen suchen und es könnte auch schon einmal laut werden. 

So ähnlich müssen wir uns die Situation aus der Lesung vorstellen. Das Volk Israel ist aus Ägypten geflohen, ausgezogen in ein neues Leben, in ihr Land. Euphorisch sind sie Mose gefolgt. Aber diese Euphorie ist längst dahin, der Weg ist lang, länger als erwartet und sehr anstrengend und jetzt sind sie auch noch in der Wüste gelandet und das Wasser ist ihnen ausgegangen. Niemand hat eine Idee wie sie zu Wasser kommen konnten, sie werden verärgert uns wütend und was ist einfacher als in dieser Situation einen Schuldigen zu finden.....Sie gehen auf Mose los, schreien ihn wütend an und es fehlt nicht viel dass sie ihn auch tätlich angreifen. 

Und da bekommt auch Mose Angst, er gibt seine Angst, aber auch die Wut der Menschen an Gott weiter und er bittet ihn nicht mehr freundlich um Hilfe, nein er schreit ihn an.....
...und..... sie halten das aus - Mose hält sein Volk aus, Gott hält den Hilfeschrei des Mose aus....das zeigt wie tief die Beziehung des Mose zu Gott ist und wie sehr Gott an Mose, an seinem Volk, an uns allen gelegen ist. Mose nennt deshalb diesen Ort später auch Massa und Meriba, Probe und Streit. 

Gott gibt den Menschen Wasser, er lässt den Mose mit seinem Stab auf Felsen schlagen und es sprudelt Wasser hervor. Gott lässt das Mose nicht heimlich tun, er möchte, dass die Menschen des Volkes erfahren, dass Gott dieses Wunder getan hat und beauftragt Mose die Ältesten, also, die Anführer mitzunehmen. Und wiedereinmal zeigt sich, dass der Glaube, dass Gott helfen kann, die Bitte um Hilfe berechtigt ist. Gott gibt uns was wir zum Leben brauchen. Er gibt uns Wasser,...er ist unser Wasser. 

Im Evangelium hörten wir die Stelle vom Jakobsbrunnen. Auch hier geht es ums Wasser. Und wieder rankt sich eine sehr spannende Geschichte um dieses Wasser bekommen. 

Jesus kommt um die Mittagszeit zum Brunnen und er hat sicherlich Durst. Genauso wie wir alle in der Mittagshitze, wenn wir unterwegs wären Durst bekämen. Und als Jesus zum Brunnen kommt ist dort eine Frau, ganz alleine zum Wasser schöpfen. 

Wir erfahren einiges über diese Frau: es ist eine Samariterin. 

Die Samariter wurden gemieden wo man nur konnte, sie stammten aus einem Volk, das viele Jahrhunderte vor Christus dort angesiedelt worden waren. Diese hatten zwar Jahwe als ihren Gott übernommen, zusätzlich auch noch andere Götter angebetet. Ob das zur Zeit Jesu immer noch so war kann ich nicht sicher sagen, sicher ist allerdings, dass diese Menschen verpönt waren und man große Umwege auf sich nahm um nicht mit diesen Menschen in Kontakt kommen zu müssen. Wir kennen das auch heute. Wir finden in verschiedenen Städten der Erde Bezirke, die man tunlichst meiden sollte, es gibt Regionen, in der viele von uns keine Wohnung haben möchten....auch in St. Pölten!... 

Und dann ist sie einfach eine Frau. Eine fremde Frau anzusprechen war damals, wie man heute sagen würde, ein absolutes Nogo! Und diese Frau ist um die Mittagszeit alleine am Brunnen, was eigentlich sehr ungewöhnlich ist. Die Frauen gingen meist früher, wenn es noch nicht so heiß war und außerdem, war der Brunnen ein beliebter Treffpunkt, wo Neuigkeiten ausgetauscht wurden,... getratscht wurde. Dass diese Samariterin um diese Zeit und alleine am Brunnen war soll uns auch sagen, dass sie keine Menschen treffen wollte, dass sie vielleicht auch in diesem Ort eine Ausgestoßenen war..... 

Aber Jesus spricht sie an und bittet sie um Wasser. Alleine deswegen ist diese Bibelstelle schon bahnbrechend. Jesus hat sich nicht um Konventionen gekümmert. Er war für alle Menschen da! 

Für mich ist an dieser Stelle aber besonders wichtig, dass Jesus ganz klar macht, dass Gott unser Wasser, also unser Leben ist. 

Wenn wir sein Wasser trinken, werden wir niemals mehr Durst haben. Wir werden zu einer Quelle werden, deren Wasser ins ewige Leben fließt.
Das heißt, wir können Quelle für andere sein. Wir können der Brunnen sein aus dem Andere schöpfen. 

Und in unserer Kirche finden wir auch genau so einen Brunnen: Wir sitzen im Kreis und bilden einen Brunnen in dessen Mittelpunkt der Altar ist an dem Jesus uns in jeder Messfeier begegnet. Wir sind Brunnen wenn wir zur Kommunion vorgehen und in unserer Mitte Jesus ist und wir ihn ganz in uns aufnehmen. Und diese Kraft, die wir hier schöpfen, können wir hinaustragen und so Brunnen, Quelle, Wasser für andere werden!

 

 

SONNTAG, 26. FEBRUAR 2023

 

Liebe Pfarrgemeinde

 

Mit diesem Ritual ihnen die Heilige Schrift auch physisch näher zu bringen, möchte ich Sie ermutigen, zu Beginn der Fastenzeit, mit der stärkenden Wirkung des Wort Gottes bewußt auseinanderzusetzen. Gerne können Sie nach dem Gottesdienst herauskommen und ihre Hand oder ein Kreuzzeichen auf das Buch geben um die Verbindung zu Gott auch symbolisch zu stärken.

 

Nun zu den heutigen Schriftstellen:
Von allen Bäumen und Früchten darf der Mensch essen - nur von einem nicht. Was da beschrieben wird kennen wir aus menschlicher Erfahrung nur zu gut. Es liegt in der Natur der Sache, dass wir das Verbotene besonders interessant finden. Das geht aber nicht nur Kindern so, sondern auch uns Erwachsene. Alle Menschen sind empfänglich für Versuchungen. Denn es ist uns die Freiheit gegeben zu Handeln wie wir möchten. So haben wir auch alle die Fähigkeit der Versuchung nachzugeben.
Jesus selbst lernt die Versuchung kennen - wie könnte es anders sein, denn er ist ein Mensch wie wir. Und das Evangelium bezeichnet diesen Versucher mit dem Namen, den wir alle kennen: dem Teufel. Der Teufel ist keine Gestalt mit Hörnern und schwarzem Pelz. Solche Teufel sieht man vielleicht als Krampus. Sie sind harmlos.
Die Versucher und Verführer dieser Welt sind ganz anders: sie kommen oft schmeicheld und mit betörenden Worten daher. So schildert es auch die Heilige Schrift. Interessanterweise führt dieser Teufel keine Bösen Worte im Mund, er verführt Jesus mit den Dingen, von denen er glaubt, dass er dafür empfänglich ist. Jesus bleibt auf dem Weg Gottes, auch wenn das durch Leiden hindurchführt. Wie oft haben wir diese Verführung auch bei uns Menschen erlebt.
Da werden die Ehrgeizigen mit ihren Karriereträumen verführt und dazu gebracht, immer mehr und über jedes Maß hinaus zu arbeiten - mit dem Preis, dass sie ihre Gesundheit und ihre Ausgeglichenheit verlieren.
Da werden diejenigen, die vom Wohlstand träumen mit Geld geschmiert und zur Korruption verführt. Da gibt es auch die sexuelle Verführung, die Partnerschaf- ten und Ehen ruiniert und Familien zerstört. Oder auch die Glaubwürdigkeit der Kirche in Frage stellt, wenn geweihte Frauen und Männer Mißbrauch begehen.
Dahinter stecken keine gehörnten Versucher - aber all das hat teuflische Konsequenzen, weil es den Menchen kaputt macht und sein Leben ruinieren kann.
Es geht um die Einsicht, was Sünde letzlich bedeutet: die freie Wahl eines Weges, der von Gott entfernt, mit all dem Schaden, der dadurch angerichtet werden kann.
Ich frage mich, was hat Jesus widerstehen lassen? Was hat ihn vor der Versuchung gewappnet? Es ist die enge Bindung an Gott, seinen Vater und an das Wort und Gebot Gottes, das er voll und ganz für sich umsetzt. Er geht eben nicht der Versuchung nach, Steine zu Brot zu machen, sich ein sorgenfreies Leben zu gönnen.
Er geht nicht der Versuchung nach, sich unantastbar und unbesiegbar zu halten, sich von jedem Schmerz und jedem Leid frei zu halten und er gibt schon gar nicht der Versuchung der Macht nach, sich alles zu unterwerfen, weil er weiß, wie die Machthaber im irdischen Sinn mit dieser 

Macht umgehen. Er geht den Weg der Bescheidenheit, des Gottvertrauens und der Verbindung mit Gott. Er geht den Weg bis zum Ende - auch mit Mühen und Leid, weil nur das zum Leben und zum ewigen Leben führt.
So habe auch wir die Gewissheit, dass Gott es nicht dabei belässt uns in unserer Versuchung zurückzulassen, sondern durch das Wirken Jesu zurückgewinnen will, das ist wirklich Gnade.

Schauen wir in der kommenden Woche ganz Bewusst auf unser Verhalten und versuchen uns einzuüben in Veränderungen, die uns und unseren Lieben gut tun.
Ich wünsche uns ein gutes Gelingen.

 

 


SONNTAG, 25. SEPTEMBER 2022

 

Liebe Pfarrgemeinde
 

Kennen Sie den? Ein Mann stirbt. Im Jenseits klopft er ans Himmelstor. Petrus öffnet ihm und fragt ihn was er hier möchte..... Wie auch immer dieser Witz weitergeht, wenn wir solche Witze erzählen, werden Verstorbene reale Personen. Wir stellen uns den Himmel, das Jenseits oder wie wir es nennen möchten als reale Welt vor. Da sitzt Gott auf dem Thron, da sprechen wir mit Petrus, oder Abraham.... genauso wird das Gleichnis vom reichen Mann und dem armen Lazarus erzählt. Der reiche Mann stirbt und kommt in die Unterwelt, wie es im Evangelium genannt wird. Und er sieht Abraham, Lazarus, er spricht mit ihnen. Dieses Gleichnis wurde also genau so erzählt, dass wir es verstehen können, dass es unserer Vorstellungskraft entspricht. Und trotzdem gibt es in diesem Text sehr viele versteckte Hinweise über die wir nachdenken können:

Der reiche Mann wird genau beschrieben, wir bekommen ein Bild von ihm, er ist in feines Leinen und in Purpur gekleidet. Aber er wird nicht mit einem Namen genannt. Er bleibt anonym - genau das was er auch ist. Er bleibt für sich, feiert seine feste und kümmert sich nicht um seine Umwelt. Er genießt seinen Reichtum und denkt nicht weiter.

Der Arme hat einen Namen. Er heißt Lazarus. Er wird auch genau beschrieben. Das Bild des armen Lazarus wollen wir vielleicht gar nicht so genau erkennen. Es ist eher abstoßend. Ein sehr armer Mann, krank, mit Geschwüren, keiner möchte Kontakt mit ihm, keiner nimmt sich seiner an. Wahrscheinlich war er in dreckige Lumpen gehüllt, die in gar nicht genug bedeckten und gestunken hat er sicherlich auch....

Und da sind auch noch die Hunde... sie lecken seine Wunden.... ein Symbol dafür, dass Tiere besser als Menschen erkennen, dass jemand Hilfe braucht. Tiere lecken ihre eigenen Wunden und tun dies auch bei anderen verletzten Tieren. Gleichzeitig muss sich Lazarus dadurch noch mehr erniedrigt gefühlt haben.

Aus der Erzählung geht nicht hervor, dass der reiche Mann Lazarus jemals gesehen hat, mit ihm konfrontiert war. Eher scheint es, dass der reiche Mann so mit sich und seinem Reichtum beschäftigt war, dass er den armen Lazarus vor seiner Haustür gar nicht bemerkt hat. Er hat kein offenes Ohr und keine offenen Augen für seine Umwelt, seine Mitmenschen.

Und dann passiert es, dass beide Männer sterben. In der Erzählung wird Lazarus von den Engeln in den Schoß Abrahams getragen, vom reichen Mann wird nur berichtet, dass er begraben wird.

In der Erzählung wird davon gesprochen, dass der reiche Mann in der Unterwelt qualvolle Schmerzen leidet. Damals wurde von Unterwelt gesprochen, weil ja alle auf die Erlösung gewartet haben. Und in dieser Unterwelt sieht der reiche Mann den Lazarus im Schoß Abrahams. Er sieht, dass es Lazarus jetzt gut geht und er beginnt zu denken und zu verstehen, dass er in seinem Leben nicht wirklich alles gut gemacht hat, dass er sich zu sehr um sich selbst gekümmert hat. Er bittet um Hilfe und um Linderung und als er das nicht bekommen kann, fallen ihm doch noch andere ein, denen er helfen könnte. Er denkt an seine Brüder, die genauso gedankenlos in den Tag hinein leben wie er. Und er möchte ihnen Hilfe senden. Aber Abraham erklärt ihm ganz klar, dass das nicht möglich ist.

Und dann kommt eine ganz entscheidende Stelle, die ich für uns alle, die wir uns Christen nennen einen Schlüsselstelle sein sollte. Der Reiche bittet Abraham Lazarus auf die Erde zu schicken, weil sie ja wegen einem der von den Toten kommt umkehren werden und Abraham sagt:

Wenn sie auf Mose und die Propheten nicht hören, werden sie sich auch nicht überzeugen lassen, wenn einer von den Toten aufersteht.

Mir ist dieser Satz durch und durch gegangen. Wir Christen glauben daran, dass Jesus auferstanden ist. Und trotzdem passiert es uns genau so wie dem reichen Mann, dass wir gedankenlos und unaufmerksam unseren Mitmenschen gegenüber sind.

Ich lade Sie ein in der kommenden Woche ein Zeichen zu setzen.
Versuchen Sie einfach zuzuhören, wenn ihnen jemand Probleme anvertraut. Versuchen sie Hinzuschauen, wenn es jemandem schlecht geht.
Fangen wir heute und jetzt damit an. Gehen wir mit offenen Ohren und Augen durch die Welt und schauen wir auf die Lazarusse unserer Zeit und helfen wir. Das fängt bei Kleinigkeiten, wie dem Zuhören an......und wie weit es gehen kann ist Ihnen überlassen!

 

 

SONNTAG, 11. JULI 2022

 

Liebe Pfarrgemeinde

Die heutige Bibelstelle vom Bamherzigen Samariter gehört zu den bekanntesten Stellen der Bibel.
Ich habe mich gefragt, wie es möglich ist, dass gläubige Menschen wie ein Priester und ein Levit am Überfallenen vorbeigehen können ohne zu helfen. Wenn man sich aber mit der jüdischen Tradition und ihren Vorschriften auseinandersetzt, wird es verständlich. Da wird einem klar, sie haben ihre guten Gründe. Der Priester und der Levit haben in dieser Woche Dienst im Tempel, und wenn sie sich nach jüdischer Vorschrift mit Blut verunreinigen, können sie diesen Tempeldienst nicht mehr wahrnehmen und der Wochenlohn für die Familie würde entfallen. Sie haben also ein reines Gewissen, sie haben ja genau nach Vorschrift gehandelt. Und dann kam ein Fremder, ausgerechnet einer aus Samaria, mit dem die Juden eigentlich keine Gemeinschaft pflegen. Aber er greift ein. Er kümmert sich nicht um die drohende Gefahr durch Räuber, sondern er hilft über die Maßen dem Überfallenen.

Priester und Levit merken nicht, dass dieser zusammengeschlagene Mensch sie etwas angeht. Ausgerechnet ihre berufliche Nähe zum Heiligtum macht sie offenbar nicht empfänglich für die Not dieses Mitmenschen. Es ist doch paradox. Die Frömmigkeit und die Gottesliebe, mit der sie ihren Tempeldienst ausüben, macht sie gleichgültig gegenüber einem Menschen, der ihrer so notwendig bedurfte.

Hintergrund für diese Gleichnis-Geschichte ist die Frage eines Gesetzeslehrers, also eines Theologen, an Jesus. Er fragt: "Wer ist mein Nächster?" Als gesetzestreuer Jude liegt es ihm nahe, sich mit dem Priester und dem Leviten zu vergleichen, und er muss feststellen, dass sie der Vorschrift entsprochen haben. Für sie ist der Dienst im Tempel das Nächste. Aber Jesus dreht die Frage um: Nicht: Wer ist für dich ein Nächster, sondern wer ist dem Überfallenen ein Nächster geworden? Jesus lädt uns ein, nicht nur mit den Augen des potentiellen Helfers, sondern mit den Augen des Hilfsbedürftigen zu schauen. Und das will heißen: Wir müssen vom Menschen in Not her denken. Die eigene Sichtweise zu verändern kann viel bewirken. Ich bekam einmal des Märchen von "Hänsel und Gretel" mit einem veränderten Text. Nämlich aus der Sicht der Hexe. Das war sehr interessant, denn ich dachte mir: "Was sind das für furchtbare Kinder." Für alle, die diese GEschichte interessiert, habe ich ein paar Kopien gemacht. Sie können sie gerne mitnehmen.

Bereit zu sein seine Sichtweise zu ändern, versuchen aus der Sicht des Hilfsbedürftigen zu handeln und unsere eingefahrenen Handlungen zu hinterfragensind wir angehalten. Nicht im Lesen und Befolgen gescheiter theologischer Bücher mit Verhaltensvorschriften, sondern in der realen Wirklichkeit bewährt sich die Jesus-Nachfolge. Denn sie gibt den Blick frei für das, was hier und jetzt Not tut, für die Gottesherrschaft im Zueinander und im Miteinander von Menschen.

Wir werden eingeladen, aktiv zu werden, wo immer wir gedemütigten, verletzten Mitmenschen "Nächste" werden können. 
"Geh und mache es ebenso wie der Mann aus Samaria."

 

 

SONNTAG, 22. MAI 2022

 

Liebe Pfarrgemeinde

"Liebt Jesus!"
Wie wirkt diese Aufforderung auf Sie? Kitschig oder fromm, vielleicht romantisch, verklärt?

"I love Jesus!", "Ich liebe Jesus!" oder "Jesus liebt dich!", das ist manchmal auf den Heckscheiben vor uns fahrender Autos zu lesen. Ein weltfremder Träumer, der da vor mir fährt, religiöse Anmache?

Das alles macht uns eher ein bisschen verlegen. Ja, es berührt uns sogar ein wenig peinlich, so angesprochen zu werden.

Die Verbindung "Jesus - Liebe" weckt unterschiedliche Assoziationen in uns: Der eine mag an ein vor langer Zeit gelerntes Kindergebet vom liebenden Jesus denken, Die anderen vielleicht an ein Jesusbild im Stil der Nazarener: Ein schöner Jesusjüngling mit langen gewelltem Haar und liebevollem Gesicht. Keiner jedenfalls würde das öffentlich sagen: "Ja, ich liebe Jesus! Und ich weiß, Jesus liebt mich."

Doch macht das nicht unseren Glauben aus, die Liebe zu Jesus? Möglicherweise kommt unser Unbehagen von der Frage nach dem "WIE". Wie kann, wie soll ich Jesus lieben? Ich habe ihn doch nie gesehen, nie konkret erlebt. Einen Menschen kann ich lieben, einen Menschen aus Fleisch und Blut, aber Jesus? Ist er nicht zu weit weg, zu wenig greifbar da?

Diese Frage taucht schon Ende des ersten Jahrhunderts auf. Wie kann jemand, der ihm nicht unmittelbar begegnet ist, Jesus lieben?
Es ist möglich sich für Jesus zu begeistern.
Jesus lieben meint ein treues und vor allem tägliches, praktisches Festhalten an seinem Wort. Jesus lieben bedeutet eine verbindliche, konkrete Übernahme seiner Botschaft und Praxis in meine konkrete Lebensgestaltung. Wer sein Leben öffnet, es unterbrechen lässt von Jesus und bereit ist es jesusgemäß umzubauen, der liebt Jesus.
Gott möchte mit Jesus nicht nur etwas über sich lehren oder etwas von sich mitteilen, er möchte sich vielmehr selbst mitteilen, dass wir Anteil an ihm selbst haben. Er möchte uns als Freund.

Es genügt nicht sich theoretisch mit dem Glauben auseinanderzusetzen. Erst wenn ich mich persönlich auf das praktische Experiment mit dem Wort Gottes und seiner Liebe einlasse, kann ich zum Verstehen gelangen. Stellen Sie sich den Menschen vor Augen, den Sie lieben. Warum lieben Sie ihn? Es fallen Ihnen sicher die verschiedensten Vorzüge ein, die diesen Menschen auszeichnen. Aber warum lieben Sie ihn, gerade ihn? Liebe, Glaube, Offenbarung hängen nicht von der Bestätigung der "Welt" ab, weil sie nicht von dieser Welt sind.

Wenn wir gesthalten am Wort Jesu, wenn wir uns eilassen auf das Experiment der Liebe, dann erleben wir die Gemeinde als Gemeinschaft der Liebenden. Gott - Vater und - Sohn werden da Wohnung nehmen. Die ganze Dreifaltigkeit kommt, um bei mir zu wohnen und mich zu erinnern und zu lehren! Das Klingt tätsächlich nach einer engen Wohngemeinschaft. Das klingt nach einer großen Lebensveränderung, denn "Wohnung nehmen" ist viel mehr als nur kurz vorbeizuschauen. Das ist viel mehr als nur eine Stunde am Sonntagvormittag.

Es liegt auf der Hand, dass so eine Wohngemeinschaft nicht einfach ist, dass sie Konsequenzen hat. Vielleicht muss ich Platz schaffen in meinem Lebenshaus. Ich muss mich auf meine göttlichen Mitbewohner einlassen, muss mich selbst etwas zurücknehmen. Ich muss bereit sein, manche bequeme Gewohnheit einzuschränken.
Aber ich kann sicher sein, dass der Auferstandene - salopp gesagt - Leben in die Bude bringen wird.

Damit meine ich nicht eine oberflächliche Stimmungsmache, sondern die österliche Lebendigkeit, die manche Gewohnheiten durcheinander bringt, die aufregend, spannend und überraschend sein kann. Die österliche Lebendigkeit, die ein Leben umkrempeln kann und Neues entstehen lässt.

Aber genau das zeichnet einen Christen, eine Christin und die Kirche doch aus, oder nicht?

 

 

SONNTAG, 27. MÄRZ 2022

 

Predigt zum Evangelium vom Bamherzigen Vater

Dieses Evangelium vom verlorenen Sohn (was eher negativ klingt) und vom bamherzigen Vater ist wohl eine der bekanntesten Bibelstellen. 

Üblicherweise richten wir unser Augenmerk auf den Vater, der dem jüngeren Sohn alles verzeiht und nach seiner Rückkehr ein großes Fest veranstaltet. Der ältere Sohn tritt da in den Hintergrund, ich finde seine Reaktion nur allzu menschlich. 
Ich möchte sie heute einladen, sich auch einmal in den jüngeren Sohn hineinzudenken. Er ist neugierig, unternehmungslustig, möchte Neues kennenlernen. Das ist ja prinzipiell einmal nicht verwerflich.

Viele Eltern hätten gerne, dass in der Entwicklung ihrer Kinder alles geregelt abläuft, alles nach Plan. Und viele Eltern träumen, dass ihre Kinder einmal eine außergewöhnliche Karriere, echten Erfolg im Leben haben.

In der illustren Welt bekannter Persönlichkeiten finden wir aber viele, die in ihrer Lebensgeschichte so einen Schritt von zu Hause weg, aus der geplanten Bahn hinaus gesetzt haben.

Steve Jobs, der Gründer von Apple, stammt aus einfachen Verhältnissen, irgendwie schafften es aber seine Eltern, dass er aufs College gehen konnte. Er begann auch zu studieren, aber nach einem Semester ließ er alles wieder sausen, probierte alles Mögliche aus. Aber seine stete Neugier und sein Gespür für innovative Projekte ließ ihn dann den Apple Computer entwickeln. Alles weitere ist gut bekannt. Alle Eltern hätten gerne einen Steve Jobs als Sohn, aber auch mit diesem Lebenslauf?

Mir fällt auch der geniale Musiker Hubert von Goisern ein. Er ist mit 20 nach Südafrika ausgewandert, hat andere Musikstile, andere Kulturen kennengelernt. Nach seiner Rückkehr gab es viel Ärger mit ansässigen Musikern, die meinten, dass sein Stil die traditionelle Musik verschandle. Inzwischen sind alle stolz auf ihn, nicht nur auf seine Musik, sondern auch auf seine vielen Menschen-verbindenden Projekte, auf sein Beispiel an Toleranz etc.

Ich persönlich finde beide Seiten in diesem Evangelium bemerkenswert: ein Sohn, der aus dem Alltag ausbrechen will, es gegen den Willen der Eltern macht, sich aber dann doch an seine Wurzeln erinnert und mit neuen Erfahrungen zu diesen zurückkehrt.

Und ein Vater, der seinen Sohn ziehen lässt, was ihm sicher schwer gefallen ist. Und der sich von Herzen freut, als sein Sohn wieder zurückkommt. Kein Hängen an der Vergangenheit, nur die gemeinsame Freude und der gemeinsame Blick nach vorn.

Dann bleibt da aber noch der ältere Sohn. Der ist einfach verärgert, was man ihm nicht verdenken kann. Der Vater beschwichtigt ihn: Du hast alles, du bist immer bei mir, was mein ist, ist dein. Wie der ältere Sohn darauf reagiert hat, wissen wir nicht.

Aber wie würden wir reagieren? Schauen wir auch neidvoll auf das, was andere erreicht haben besitzen, was ihnen scheinbar in den Schoß fällt. Und beschweren wir uns bei Gott darüber?

Können wir mitfeiern, wenn die Kirche offen ist für Arme, Flüchtlinge, Menschen mit einem anderen Bekenntnis, Menschen mit anderer Hautfarbe, Menschen die nicht der sogenannten Norm entsprechen, wenn die Kirche sie akzeptiert, unterstützt, sie zum Fest einlädt? Können wir mitfeiern, wenn Personen in der Pfarre neue Ideen ausprobieren, auch wenn sie vielleicht scheitern?

Oft genug sind wir in der Situation des jüngeren Sohnes, der zum barmherzigen Vater zurückkehrt. Aber es wird auch Situationen geben, wo wir uns ganz in seiner Nähe glauben, und vielleicht seine grenzenlose Barmherzigkeit nicht verstehen können.

Nehmen wir uns die drei Personen des Evangeliums als Vorbilder mit in die nächste Woche:
Den jüngeren Sohn: neugierig sein, Neues versuchen, aber immer in der Verbundenheit mit dem barmherzigen Vater.

Den älteren Sohn: neidlos die Barmherzigkeit Gottes annehmen, allen von Gott geliebten Geschöpfen gegenüber tolerant sein, und beim gemeinsamen Fest mitfeiern.

Den Vater: die grenzenlose Liebe und Barmherzigkeit, das Loslassen der Vergangenheit, den Augenblick leben.
 

ASCHERMITTWOCH, 2. MÄRZ 2022

Fastenzeit: Also ist jetzt wieder einmal Schluss mit Lustig.

Aber im Evangelium heißt es: Wenn ihr fastet, macht kein finsteres Gesicht.Es geht einfach nicht darum, in den nächsten Wochen Verzicht, Kasteiung in den Vordergrund zu stellen.

 

Eine vielleicht bessere Bezeichnung für die Zeit bis Ostern lautet. Österliche Bußzeit.

 

Buße ist aber auch, nicht zuletzt durch die Kirche, ein sehr negativ behafteter Begriff. Üblicherweise verstehen wir darunter, dass wir durch eine Buß-Leistung ein Fehlverhalten wieder gut machen können. In Deutschland heißt der Strafzettel Bußzettel: ich zahle einen Bußbetrag ein und damit ist alles wieder gut. Unsere prägung durch die Kirche mag im übertragenen Sinn ganz ähnlich sein: ich leiste etwas (indem ich auf etwas verzichte, indem ich spende, indem ich ein wenig leide) und alle meine Sünden sind ungeschehen gemacht. Irgendwie schwingt da im Hintergrund immer noch der Sündenablass mit, gegen den Luther angekämpft hat. Ohne innere Umkehr bleibt dies alles ohne Sinn.

 

Bibelwissenschaftler interpretieren den ursprünglichen Sinn des Wortes Buße anders: es bedeutet in unserer Sprache: ins Reine kommen.

Ich lade Sie ein, die nun kommende Zeit unter diesen Gesichtspunkt zu stellen: mit sich selbst und meinen Mitmenschen ins Reine kommen. Wenn Sie nachdenken, fallen Ihnen sicher Verhaltensweisen, Äußerungen, Handlungen ein, die nicht so ganz in Ordnung waren, wo eine Umkehr nötig ist. Wenn Sie mit sich ins Reine kommen wollen, bedeutet dies, bewusst sich diesen Unzulänglichkeiten zu stellen, das Gespräch zu suchen. Und vielleicht ist es dann auch ein ganz logischer Schritt, das Gespräch mit Gott im Sakrament der Buße zu suchen. Wenn wir ins Reine gekommen sind, den Schritt der Umkehr gesetzt haben, dann kann Gott uns einen Neustart ohne Hypothek schenken.

 

SONNTAG, 13. FEBRUAR 2022


Evangelium - LK 6,17.20-26


17 Jesus stieg mit ihnen den Berg hinab. In der Ebene blieb er mit einer großen Schar seiner Jünger stehen und viele Menschen aus ganz Judäa und Jerusalem und dem Küstengebiet von Tyrus und Sidon. 20 Er richtete seine Augen auf seine Jünger und sagte: Selig, ihr Armen, denn euch gehört das Reich Gottes. 21 Selig, die ihr jetzt hungert, denn ihr werdet gesättigt werden. / Selig, die ihr jetzt weint, denn ihr werdet lachen. 22 selig seid ihr, wenn euch die Menschen hassen und wenn sie euch ausstoßen und schmähen und euren Namen in Verruf bringen um des Menschensohnes willen. 23 Freut euch und jauchzt an jenem Tag; denn siehe, euer Lohn im Himmel wird groß sein. Denn ebenso haben es ihre Väter mit den Propheten gemacht. 24 Doch weh euch, ihr Reichen; denn ihr habt euren Trost schon empfangen. 25 Weh euch, die ihr jetzt satt seid; denn ihr werdet hungern. Weh, die ihr jetzt lacht; denn ihr werdet klagen und weinen. 26 Weh, wenn euch alle Menschen loben. Denn ebensohaben es ihre Väter mit den falschen Propheten gemacht.


Predigt LK 6,17.20-26

Liebe Pfarrgemeinde!

Sind Sie schon einmal so richtig glücklich gewesen?....
Denken sie kurz nach, woran erinnern Sie sich? Was macht uns glücklich? Frisch verliebt sein,... nach einer bestandenen Prüfung,... beim Abschluss der Berufsausbildung,... am Tag der Hochzeit,... bei der Geburt eines Kindes,... endlich ein neuer Job,...

Das alles und viel mehr sind Momente im Leben, die Menschen glücklich machen können. Das „selig“, das wir im Evangelium gehört haben, drückt das aus: glücklich sein,... sich freuen können,... selig sein...

Aber all die Dinge, die da im Evangelium aufgeführt sind, entsprechen halt gar nicht unserer Vorstellung von „glücklich sein“. Da werden die Armen, die Hungrigen, die Traurigen, die Ausgestoßenen,... glücklich, selig gepriesen. Auch wenn in unseren Zeiten Minimalismus groß geschrieben wird, Nachhaltigkeit immer mehr zum Thema wird, so können wir uns dennoch nicht vorstellen, wirklich arm zu sein, geschweige denn, wenn wir wirklich arm sind - wie kann man da glücklich sein? Wie sollen wir uns das vorstellen, wenn unser Herz voll Trauer und Wehmut ist, dass wir da glücklich sein sollen?

Und überhaupt - diese Liste, die Jesus da aufstellt - wo bleiben wir denn, wenn sie nicht auf uns zutrifft - und damit die Verheißung, dass sich alles ins Gegenteil kehrt und sich zum Guten wenden wird? Bleiben für uns relativ Wohlhabenden und Satten und Angesehenen nur die Wehrufe?

Werden wir alle klagen und weinen?

Vielleicht hilft uns ein Perspektivenwechsel:
Nehmen wir den Blick weg vom eigenen Ich. Öffnen wir die Augen und behalten wir offene Augen für die Menschen, die am Rand stehen. Sei es jetzt, dass sie arm sind, traurig, ohne Ansehen, ohne Stimme im kleinen oder großen Weltgeschehen. Und da brauchen wir nicht weit zu schauen, da genügt oft der Blick zum Nachbarn oder zu den Menschen in unserer nächsten Umgebung - Arbeitskollegen, Schulfreunde, die Bekannte aus dem Bus, der alte Mann, der regelmäßig vorbeispaziert,....

Und wenn unsere offenen Augen diese Menschen entdeckt haben, dann ist ein wichtiger Schritt, sie nicht abzustempeln oder gar aufzugeben - da kann man sowieso nichts machen, denen ist nicht zu helfen....Karl Rottenschlager von der Emmausgemeinsschaft St. Pölten sagt: „Es gibt keinen hoffnungslosen Fall“.
Und wenn wir es dann schaffen zu schauen - was kann ich tun, auch wenn es wenig ist, damit jemand wieder lachen kann, nicht mehr übersehen wird, Anschluss findet, dann sind wir am richtigen Weg dieser Seligpreisungen, die Jesus uns da mitgegeben hat.
Für jede und jeden von uns wird das etwas Anderes sein, was wir beitragen können, da sind wir mit unseren Talenten und mit unserer Kreativität gefragt - der Phantasie sind da keine Grenzen gesetzt.

Ich habe einen Text eines alten Mannes aus Afrika gefunden, der für mich dies alles auf den Punkt bringt. Lassen wir diese Gedanken auf uns wirken:

Selig, die Verständnis zeigen für meinen
stolpernden Fuß und meine lahme Hand.
Selig, die begreifen, dass mein Ohr sich
anstrengen muss, um alles aufzunehmen
was man zu mir spricht.
Selig, die zu wissen scheinen,
dass meine Augen trüb
und meine Gedanken träge geworden sind.
Selig, die mit freundlichem Lächeln verweilen,
um ein wenig mit mir zu plaudern.
Selig, die niemals sagen: „Diese Geschichte
haben Sie mir heute schon zweimal erzählt“.
Selig, die es verstehen, Erinnerungen
an frühere Zeiten in mir wachzurufen.
Selig, die mich erfahren lassen, dass ich
geliebt, geachtet und nicht allein gelassen bin.
Selig, die in ihrer Güte die Tage,
die mir noch bleiben auf dem Weg
in die Heimat, erleichtern.

 

 

Miteinander
Dankbarkeit leben
Achtsamkeit üben
Glaubwürdigkeit ausstrahlen

Miteinander
Zerbrochenes reparieren
Verletzungen heilen
Trennendes überwinden

Miteinander
Umwege gehen
Auswege suchen
Ziele erreichen

Miteinander
Wüstenzeiten aushalten
Gefühlskälte aufbrechen
Hoffnungsfunken zünden

Miteinander
glauben
hoffen
lieben

Reinhard Stiksel